László F. Földényi: Der lange Schatten der Guillotine. Lebensbilder aus dem Paris des neunzehnten Jahrhunderts
 
László F. Földényi: Der lange Schatten der Guillotine. Lebensbilder aus dem Paris des neunzehnten Jahrhunderts.  Aus dem Ungarischen von Akos Doma. Matthes & Seitz 2024. Ca 220 S. mit zahlreichen Abbildungen. Geb. 28,00 €

Das Buch erscheint im September 2024.

Schon vor der Französischen Revolution gab es gelegentliche Hinrichtungen durch das Fallbeil, aber erst ab 1791 kommt der Tod auf dem Schafott flächendeckend und für alle zum Einsatz. Bis dahin entschieden der gesellschaftliche Stand und die Art des Verbrechens über die Wahl der Hinrichtungsmethode. Nun hält die Industrialisierung des Tötens Einzug. Denn vor der Guillotine werden alle gleich. Und während die Zeitgenossen angesichts all der abgeschlagenen Köpfe noch rätseln, ob das Bewusstsein der Geköpften vom Körper getrennt noch weiterleben kann, entwirft László F. Földényi in seinem bildreichen Essay seine ganz eigene Erzählung des langen 19. Jahrhunderts – ausgehend von unserem Eintritt in die Kopflosigkeit. Zur gleichen Zeit hält auch die neue Technik der Fotografie Einzug. Erst ihre flächendeckende Verbreitung ermöglicht es, den Moment aus der Vergänglichkeit des Lebens zu lösen, ihn gleichermaßen zu verewigen wie zu töten. Das führt nicht nur zu einem neuen Verständnis von Zeit und Raum, sondern zu einer Veränderung der Wahrnehmung selbst. Als würde der Schnitt des Fallbeils sich ab da unendlich fortsetzen, wirkt fortan alles fragmentiert: die Körper, die Stadt, die Dichtung und die Malerei. Ein ganz und gar neues Bild des Menschen entsteht, das ihn als ein bizarres, ein 
gewaltlüsternes, ein kopfloses Wesen zeichnet und das bis in unsere Gegenwart fortwirkt.

László F. Földényi erzählt die Nachwehen der Französischen Revolution als bildreiche Montage und fragt danach, wer wir noch sind, wenn wir unseren Kopf verloren haben. Sein Buch ist eine aufregende Neuerzählung der bislang unbekannten Zusammenhänge von Guillotine und westlicher Moderne.

„Die neue Zeitrechnung beginnt nicht mit der Einführung des Kalenders der Französischen Revolution am 24. November 1793, sondern bereits am 25. April 1792, als auf der Place de Grève zum ersten Mal ein Mensch durch die Guillotine enthauptet wird. Sanson, der Henker, weiß noch nicht, was die Ärzte bereits ahnen, dass es fortan fraglich wird, wodurch ein Mensch Mensch genannt werden kann.“

László F. Földényi, 1952 in Debrecen (Ungarn) geboren, zählt zu den bedeutendsten ungarischen Intellektuellen und leitete als Professor bis 2021 den Lehrstuhl für Kunsttheorie an der Akademie für Theater und Film, Budapest. Er ist Herausgeber der gesammelten Werke von Heinrich von Kleist in ungarischer Sprache, und seit 2009 ist er Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Für Lob der Melancholie. Rätselhafte Botschaften wurde er mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung 2020 ausgezeichnet, zuletzterschien Der Maler und der Wanderer. Caspar David Friedrichs Urkino (2021)

László F. Földényi war schon mehrfach in der Buchhandlung Böttger. Seine Veranstaltungen waren stets ein Ereignis.



Zusätzliche Informationen