Mittwoch, 09.12.2015, 20 Uhr

Diethelm Brüggemann: Die Scherbenkrone - Hanns Zischler stellt den Roman vor.

Ein Junge wird erpresst. Wenn er seine streng gehüteten Spielsachen nicht herausrückt, riskiert er tatsächlich sein Leben und das Leben seiner Eltern und Geschwister: Er ist beim Milchhamstern von einem Spielkameraden beobachtet worden, und auf Hamstern steht im Nazideutschland der letzten Kriegsjahre die Todesstrafe. Eingekerkert im strengen Katholizismus seiner Eltern, die ihm keine emotionale Zuwendung bieten, verzweifelt der Zehnjährige am Glauben, denn trotz aller Gebete ist er der gierigen Erpressung und schamlosen Denunziationslust der Jungenbande immer wehrloser ausgeliefert. Einzig das Dienstmädchen Walli scheint Wärme zu versprechen, doch ihre Freundlichkeit ist sexuell motiviert, und die Sinnlichkeit des Mädchens verwirrt den Jungen zutiefst. In klarer, suggestiver Sprache entfaltet sich das fesselnde Drama eines sensiblen Kindes in der deutschen Provinz der Nazizeit.

Diethelm Brüggemann (1934 - 2015) studierte Germanistik, Anglistik, Philosophie und politische Wissenschaften in Freiburg, Münster, Glasgow und Marburg und war wissenschaftlicher Assistent in Bonn und Aachen. Nach der Promotion 1967 bei Ludwig Erich Schmitt in Marburg wurde er 1967 Professor für Germanistik an der National University of Ireland in Dublin und war von 1984 bis 1988 Professor für Germanistik an der Witwatersrand-Universität in Johannesburg. Brüggemann hat sich in seinen Publikationen zunehmend mit Fragen der hermetischen Tradition bei Johann Wolfgang von Goethe und Heinrich von Kleist befasst.

Hanns Zischler, Jahrgang 1947, arbeitet neben seinem Beruf als Schauspieler seit vielen Jahren als Publizist. Zu seinen Büchern zählt u. a. die in viele Sprachen übersetzte Forschungsarbeit Kafka geht ins Kino (1996). 2013 erhielt Hanns Zischler den Preis der Literaturhäuser.

Diethelm Brüggemann: Die Scherbenkrone. Roman Berlin, Alpheus 2015. 324 S. Geb.19,90 €